Zusammenarbeit mit Tücken: Ford und Volkswagen
Anfang Januar, bei der renommierten Messe Detroit Auto Show, sorgten die Autobauer VW und Ford für eine Sensation, die auch außerhalb der Branche Wellen schlug. Die beiden Rivalen kündigten eine umfangreiche Kooperation an.
Die Zeit der Übernahmen ist vorbei
In den 1990er Jahren setzten die deutschen Autohersteller noch auf Wachstum durch Übernahmen. BMW zum Beispiel kaufte 1994 den britischen Hersteller Rover – und verbrannte sich dabei die Finger. Sechs Jahre – und fruchtlose Investitionen in Höhe von insgesamt etwa vier Milliarden Euro – später zogen sich die Bayern wieder zurück. Auch Daimler brachte die Übernahme des US-Konzerns Chrysler 1998 nur Schwierigkeiten. Nach langem hin und her erfolgte 2009 der Rückzug. Daraufhin dachten einige Manager um. Nun entstanden Bündnisse zwischen etablierten Unternehmen. Zum Beispiel Nissan und Renault, Fiat und Chrysler, außerdem Volkswagen und Porsche.
Wenn sich nun also Volkswagen und Ford zusammentun, folgen sie durchaus einem bekannten Schema. Dennoch zeigten sich Branchenkenner verblüfft von der Ankündigung. Denn die beiden Konzerne gehören zu den größten Massenherstellern der Welt – und beide stecken in der Krise. Manche Kommentatoren sehen in dem Zusammenschluss daher sogar einen Akt der Verzweiflung.
VW: der schwächelnde Gigant
Volkswagen ist angeschlagen durch den Dieselskandal. Vor allem auf dem wichtigen US-Markt haben die Wolfsburger nachhaltigen Schaden genommen. Unterdessen hat die VW-Tochter Audi mit eigenen Problemen in Europa zu kämpfen. Viele Modelle erfüllten im vergangenen Jahr nicht den neuen Abgasstandard WLTP. Die Verkäufe brachen um über 50 Prozent ein. Der Vorstandsvorsitzende Herbert Dies hat ein Investitionspaket von 44 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Gefördert werden sollen Elektromobilität, autonomes Fahren und digitale Fahrzeuge der Zukunft. Doch der Umstrukturierungsprozess gestaltet sich schwierig im großen Konzern.
Ford: die Digitalisierung verschlafen
Auch die Ford Motor Company steckt in der Krise. Und auch hier ist die größtenteils hausgemacht. Im Bereich der Elektromobilität liegt der Konzern mit Sitz in Dearborn, Michigan, weit zurück. Dasselbe gilt für autonomes Fahren und Digitalisierung. Der Marktanteil in Europa sinkt seit Jahren. Inzwischen liegt er nur noch bei etwa acht Prozent. Verluste musste CEO James Hackett auch in Südamerika, Asien und Afrika hinnehmen. Im Grunde läuft es nur auf dem US-Markt und in Großbritannien noch passabel für Ford.
Der Brexit verkompliziert die Situation, vor allem für Ford. Denn der US-Konzern betreibt in Großbritannien zwei Motorenwerke mit insgesamt 13.000 Beschäftigten. Die sind im Falle eines „No-Deal“-Austritts von Schließung bedroht. Als weiterer Risikofaktor kommt der unberechenbare US-Präsident Donald Trump hinzu. Dessen Politik der Strafzölle könnte beide Automobilkonzerne in zusätzliche Schwierigkeiten bringen. Bei einer Eskalation der verschiedenen Handelskonflikte drohen Kosten in Milliardenhöhe.
Die Konzerne können sich ergänzen
Volkswagen ist seinerseits erfolgreich im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge, zum Beispiel am Markt für Kleintransporter. Ford hingegen schwächelt in diesem Segment. Eine Zusammenarbeit der beiden könnte Kosten bei Produktion und Vermarktung sparen. Transporter, Stadtlieferwagen und Pick-ups wollen sie daher in Zukunft gemeinsam produzieren. 2022 soll das erste Modell vom Band laufen.
Es gibt weitere Punkte, an denen sich die Autobauer ergänzen können. Volkswagen ist schwach in den Vereinigten Staaten. Genau dort ist Ford stark aufgestellt. Während die US-Amerikaner ihrerseits im Bereich der Elektromobilität hinterher hängen, haben die Wolfsburger zumindest einen Anfang gemacht. Noch schlechter sieht es für Ford aus im Segment autonomes Fahren. Der Konkurrent General Motors steht kurz davor, eine größtenteils selbstfahrende Flotte auf den Markt zu bringen. Wenn die Ford-Tochter Argo hier nachziehen soll, wird dringend Geld benötigt. Was die Fertigung von Batteriezellen angeht, sind allerdings beide Hersteller chancenlos gegen ihre asiatische Konkurrenz.
Kooperation mit Hindernissen
Masse allein genügt heute in der Autoindustrie nicht mehr, um ganz vorn dabei zu sein. Die Umstellung zum digitalen Mobilitätsanbieter ist mit so hohen Kosten verbunden, das auch Branchengiganten in Probleme geraten. Das Problem lässt sich nur mit sinnvollen Kooperationen lösen. Wenn Unternehmen dies- und jenseits des Atlantiks der aufstrebenden Konkurrenz aus China Paroli bieten wollen, müssen sie sich gemeinsam aufstellen.