So beeinflusst der Rennsport die Autos auf unseren Straßen
Tourenwagenmeisterschaft, Formel 1, Dragster oder Rallye – fast jeder Autobauer engagiert sich in irgendeiner Form auch im Motorsport. Die Gründe sind offensichtlich: Zum einen sind die Rennen für viele in der Branche tatsächlich eine Herzensangelegenheit, zum anderen stellt die Teilnahme eine einzigartige Möglichkeit dar, um das Markenimage zu festigen. Direkt Geld verdienen lässt sich mit den Rennen dagegen oft nicht: 2018 etwa war Mercedes der einzige Autobauer, der mit seiner Beteiligung an der Formel 1 Gewinn erwirtschaftete.
Abseits der Strecke hingegen profitieren auch Alltagsfahrer von der Rennlust der Autobauer: Die Innovationen und neuen Techniken, die für den Rennsport entwickelt und unter den Extrembedingungen des Wettkampfs gemessen werden, hinterlassen ihre Spuren auch bei den Serienmodellen.
Die Rennstrecke als Entwicklungslabor
Der Motorsport als Innovationstreiber – das gilt nicht nur für Rennserien wie DTM, bei dem die Wettbewerbsfahrzeuge von Serienmodellen abgeleitet sind. Auch bei hochspezialisierten Ligen wie die Formel 1 werden wichtige Erkenntnisse gewonnen. Dabei geht es weniger um den direkten Einbau der entwickelten Bauteile, sondern vielmehr um den Transfer von Technologien und Methoden. Für die Formel 1 zum Beispiel ist der Einsatz von Fahrsimulatoren unerlässlich – hier ist der Rennsport Innovationstreiber. Auch bei den Themen Leichtbau und Aerodynamik sind die Rennautos Vorreiter: Serieningenieure gucken sich hier gerne etwas von den Spezialfahrzeugen ab. Diese Synergie ist teilweise auch explizites Ziel von Innovationen im Motorsport: Sogar im FIA Handbuch stand bis vor kurzem noch, dass das technische Reglement für Rennfahrzeuge so zu erstellen ist, dass es auch dem Fortschritt und der Weiterentwicklung von Serienfahrzeugen dient.
Innovationen aus der Box
Viele Komponenten, die heute für uns beinahe selbstverständlich zur Ausstattung vieler Wagen gehören, kommen aus dem Rennstall. Ein Allradantrieb beispielsweise wurde zuerst bei Rennwagen eingesetzt. Erstes Modell war hier der Spyker 60 H.P. 1903, bekanntestes Beispiel ist aber der „Ur-Quattro“ von 1980, mit dem Audi den Rallysport revolutionierte. 2018 war in jedem fünften Neuwagen diese Antriebsform verbaut. Die mittlerweile zum Standard gewordene Benzindirekteinspritzung wurde ebenfalls ursprünglich für den Motorsport entwickelt. Auch die leistungsstarken Keramikbremsen, die in den kommenden Jahren zunehmend auch in Serienfahrzeugen der oberen Mittelklasse eingesetzt werden sollen, stammen aus dem Rennsport.
Gemeinsame Ziele
Das funktioniert nur, weil die Herausforderungen, denen Entwickler sich bei der Gestaltung neuer Motoren und Getriebe entgegensehen, sich ähneln – ganz gleich, ob das Auto im Nürburgring oder in einem Nürnberger Kreisverkehr glänzen soll. So schont ein geringer Verbrauch bei Serienfahrzeugen Umwelt und Geldbeutel. Auf der Rennstrecke ermöglicht er Einsparungen beim Gewicht durch weniger Tankfüllung oder reduziert die benötigte Anzahl an Boxenstopps. Die Ausrichtung des Fahrzeugdesigns auf Aerodynamik hat ihre Wurzeln ebenfalls im Motorsport und wurde erst später für das Design von Serienfahrzeugen übernommen.
Auf der Rennstrecke in die Zukunft fahren
Auch heute lässt sich auf während der vielfältigen Motorsportveranstaltungen die Serientechnik von Morgen bestaunen. In keinem Bereich bemühen sich die Autobauer derzeit so sehr um Innovation wie bei der Elektromobilität. Um die Antriebe an ihre Leistungsgrenzen zu bringen, eignen sich ebenfalls Rennserien und -ligen. Die Formel E ist dabei wohl das bekannteste Motorsport Ereignis, 2021 soll auch die Rallycross-WM erstmals mit Elektroautos stattfinden. Selbst für den Bereich autonomes Fahren, das nur ganz allmählich über immer komplexere Fahrassistenzsysteme Einzug in die Entwicklung von Serienmodellen nimmt, gibt es ein Motorsportrennen: Beim Roborace treten selbstfahrende Autos gegeneinander an. Im Alltag ist selbstfahrendes Fahren genau wie ein mehrheitlich auf Elektromobilität setzender Verkehr zurzeit noch Zukunftsmusik – wenn das irgendwann aber nicht mehr so sein sollte, dann werden wir das auch den Ingenieuren aus dem Rennsport zu verdanken haben.