Ist VW Golf 8 eTSI wieder König seiner Klasse?
Nach über 35 Millionen verkauften Autos ging in diesem Jahr die achte Generation Golf an den Start. Elektrifiziert und digitalisiert, wie es in der Markengeschichte nie der Fall war.
VW Golf 8 1.5 eTSI inkl. DSG
1974 lief der erste VW Golf vom Band und eine einzigartige Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Als Nachfolger des legendären Käfers, war die Erwartungshaltung enorm groß. Der Golf hielt dem Druck stand und setzte eigene Meilensteine. Im Oktober 1976 konnte Volkswagen eine Million verkaufte Fahrzeuge verzeichnen. Nach über 35 Millionen verkauften Autos ging in diesem Jahr die achte Generation Golf an den Start. Elektrifiziert und digitalisiert, wie es in der Markengeschichte nie der Fall war.
Feuerwerk der Motoren
Ob Benzin-, Diesel-, Erdgas-, Mild-Hybrid oder Plug-in-Hybrid, die Auswahl an Motoren ist umfangreich. Das legendäre GTI-Modell inbegriffen.
Mit gleich drei neuen eTSI Varianten bieten die Wolfsburger erstmals 48V-Mild-Hybrid-Motoren an. Darüber hinaus hat VW zwei Plug-In-Hybride im Portfolio, die nach Modell eine elektrische Reichweite von 62 oder 80 Kilometer erreichen. Einen reinen Elektroantrieb bietet der VW ID.3 und die Angebote von VW zur Mobilität werden beim Golf kontinuierlich weiter ausgebaut.
Aus dem breiten Spektrum hatte ich den VW Golf 1.5 eTSI mit 110 kW (150 PS) im Test. Der neue Mild-Hybridantrieb eTSI vereint moderne 48-Volt-Komponenten mit dem bekannten TSI-Benzinmotor aus dem Hause Volkswagen und koppelt diesen an ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Das moderne Zusammenspiel sorgt für einen gesenkten Verbrauch und hat im Fahrbericht einen sehr stimmigen Eindruck hinterlassen.
Der VW Golf 8 rekuperiert beim Bremsen und die intelligente Rekuperationssteuerung berücksichtigt darüber hinaus verschiedene Daten. Die das Auto im Test sowohl vom Frontradar, der Verkehrszeichenerkennung sowie dem Straßenverlauf ermittelte.
Mit dem Golf auf Segel-Kurs
Wer zusätzlich die Segelfunktion nutzt, kann nochmals Kraftstoff sparen. Der Wiederstart des Motors setzt komfortabel ein, dies erfolgt mittels Startergenerator blitzschnell. Als Fahrer reizt es mich regelrecht, viel mit komplett abgeschaltetem Verbrenner zu „segeln“. Im Falle des 110 kW starken eTSI erreichte ich bei der Testfahrt Werte von 5 ½ bis 6 Liter auf hundert Kilometer.
Der Golf eTSI ist mit 150 PS wahrlich nicht schwach auf der Brust und stellte dies im Test unter Beweis. Der Neuwagen sorgt für agile Zwischensprints und das Auto fährt dank elektrischem Zusatz-Boost von unten heraus munter los und das ohne Anfahrschwäche. Rein elektrisches Fahren ist bei einem 48-Volt-Hybrid nicht möglich.
Das maximale Drehmoment von 250 Nm liegt in einem Bereich von 1.500 bis 3.500 U/min an. Der Golf 8 eTSI wird in dieser Ausführung 224 km/h schnell. Bei vollem Tritt aufs Gaspedal zieht er in 8,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der eTSI entfaltet seine Kraft angenehm gleichmäßig.
Schwächen ausgemerzt
Das DSG-Doppelkupplungsgetriebe verfügt über sieben Schaltstufen. Arbeitet gegenüber dem Vorgänger ohne störende Rucke, schaltet rasch zurück und hinterlässt einen tadellosen Eindruck. Die Bedienung über den neuen kleinen Shift-by-Wire-Schalthebel mag zunächst gewöhnungsbedürftig sein, erwies sich im Fahrbericht als feine Lösung. Die Gänge können alternativ manuell über die am Lenkrad verbauten Schaltwippen gewechselt werden.
Der Fahrdynamik-Manager
Das umfassend weiterentwickelte Fahrwerk des neuen Golf weiß zu glänzen. Die adaptive Fahrwerksregelung DCC bietet die Möglichkeit das Fahrverhalten zu beeinflussen. Neben den ModiCOMFORT, ECO und SPORT können im Modus INDIVIDUAL eigene Abstimmungen vorgenommen werden. Mittels digitalen Schieberegler kann das DCC und die elektronische Vorderachs-Sperre XDS angepasst werden.
Während Du in der Grundversion des Neuwagens ein Lenkgetriebe mit einer linearen Übersetzung vorfindest, ist gegen Aufpreis eine Progressivlenkung erhältlich. Noch direkter ausgelegt, lenkt diese wunderbar präzise ein und ist angenehm leichtgängig.
Während PS schwächere Ausführungen eine Verbundlenkerachse verbaut bekommen, kommt in den Motoren ab 150 PS eine Mehrlenkerachse zum Einsatz. In dieser Ausführung wusste mein Auto im Test mit einem vorbildlichen Federungskomfort zu glänzen. Das Cockpit präsentiert sich wunderbar gedämmt.
Digitale Welten
Äußerlich präsentiert sich die achte Generation Golf ganz vertraut, hier nahm Volkswagen nur Veränderungen im Detail vor. Im modernen Innenraum erinnert nichts mehr an den Vorgänger, ging Volkswagen beim Bedienkonzept völlig neue Wege.
Der Bestseller stand jeher für intuitive und einfache Bedienbarkeit, einsteigen und losfahren. Dies hat die achte Generation erstmals abgelegt. Vor Fahrtantritt solltest Du Dir als neuer Besitzer eines VW Golf 8 definitiv die Zeit nehmen und Dir einen Überblick verschaffen. Zwar verfügt die Menüführung über klare moderne Strukturen, aber eine Eingewöhnung ist gefragt. Gerade vertraute Golf-Kunden werden über diesen Punkt überrascht und nicht erfreut sein.
Konventionelle Drehregler sind im Cockpit nicht mehr zu finden. Die Innenbeleuchtung wird über berührungsempfindliche Tasten gesteuert. Die Gebläsestufe, die Lenkradheizung oder die Sitzheizung werden per Touchscreen und nicht mehr über ein klassisches Schalterelement bedient. Befehle werden allerdings teils zeitverzögert umgesetzt. Einzelne Bereiche sind mir im Gesamten nicht ersichtlich genug voneinander getrennt, dies erweist sich lediglich bei der Fahrt als Nachteil.
„Hallo Volkswagen“
Steuere ich dann einzelne Funktionen lieber per Sprache. Statt mich durch die verschiedenen Menüstrukturen durchzuklicken, reicht ein kurzer Befehl aus. Auf die Aktivierungsworte "Hallo Volkswagen" muss beispielsweise ein "es zieht", „mir ist kalt“ oder „kalte Füße“ folgen und das Gebläse regelt herunter, die Klimaautomatik erhöht die Temperatur oder der Fußraum wird entsprechend beheizt.
Die Bedienung des optionalen Panoramaschiebedachs wurde digitalisiert, lässt sich dieses über einen Slider in der Dachkonsole bedienen. Um das Dach zu öffnen fahre ich mit dem Finger nach hinten oder ziehe ihn nach vorn, um das Dach zu schließen.
Das digitale Cockpit ist in allen Varianten serienmäßig vorzufinden, die digitalen Instrumente warten mit einem modernen 10 Zoll großen Display auf. Das System „Composition“ greift auf einen 8,25-Zoll-Touchscreen zurück, ist im Fahrbericht und gegen Aufpreis in 10 Zoll ausgeführt und wird um die Navigationsfunktion ausgebaut. VW unterscheidet zwischen „Discover Media“ und „Discover Pro“.
Ab der Ausstattung „Life“ ist der Golf 8 mit dem neuen Interieur-Ambientelicht ausgestattet. Zehn verschiedene Farben stehen Dir für den Neuwagen zur Wahl, der jeweils gewählte Farbton setzt verschiedene Bereiche im Fahrzeug farblich in Szene. Die digitale Instrumenteneinheit wie das Infotainment übernehmen den gewählten Grundton ebenfalls. Wem die Auswahl nicht ausreichen sollte, kann den Umfang optional auf 32 Farben erweitern.
Tauche in die digitale Welt von „Volkswagen We“
Mit einer eSIM ausgestattet, stellt VW Dir „Volkswagen We“ bereit. Im Rahmen von „Volkswagen We“ ist es dem Hersteller möglich, dem Kunden beim Autokauf ein stetig wachsendes Programm von Online-Diensten und -Funktion anzubieten. „We Connect“ kann von Dir zeitlich unbegrenzt genutzt werden und „We Connect Plus“ steht in Europa zur kostenfreien Nutzung für ein oder drei Jahre bereit.
Als Fahrer meldest Du Dich im Auto über das „We Connect“ Portal oder über die „We Connect“ App an. Du erhältst Deine persönliche „Volkswagen ID“. Mit dieser ID kannst Du auf „We Connect“ zugreifen, alternativ hat VW „We Connect Plus“ im Angebot.
Um die entstehenden Kosten für die Daten musst Du Dir keine Sorgen machen, diese übernimmt Volkswagen. Die Funktionen Media-Streaming, Webradio und WLAN-Hotspot ausgenommen. Datenpakete für die Nutzung von entsprechenden Diensten oder dem WLAN-Hotspot können im Konfigurator hinzugebucht werden. Ebenso ist es Dir möglich, im „In-Car Shop“ verschiedene Add-ons zu aktivieren und das ohne zusätzliche Kosten. Von bargeldlos Parken über optionale Reise-Tipps bis hin zur Web-App „Alexa“, schon jetzt sind zahlreiche Funktionen unter den Angeboten zu finden.
Die Sprachunterstützung via „Alexa“ bringt VW in Verbindung mit den Systemen „Discover Media“ und „Discover Pro“ ins Fahrzeug. Die Lautstärkeregelung oder beispielsweise die Navigationseingabe kann über „Alexa“ vorgenommen werden. Wetterinfos, Nachrichten und Öffnungszeiten können abgerufen, Wissensfragen gestellt oder die Steuerung des Smart Homes mit einbezogen werden.
Vielfältige Nutzbarkeit
Mit „We Connect Fleet“ hat Volkswagen ein digitales Fuhrparkmanagement entwickelt. Dieses bietet Unternehmen ein digitales Fahrten- und Tankbuch, eine Verbrauchsanalyse und stellt ein Wartungsmanagement zur Seite. Die Funktionen Fahreffizienz sowie GPS-Ortung und Routenverlauf ergänzen den Umfang.
Mit dem „Mobilen Schlüssel“ ist es Dir möglich, über die „We Connect“ App das Samsung-Smartphone zum Fahrzeugschlüssel umzufunktionieren. Hast Du Dich einmalig via vTAN autorisiert, reicht es aus, das Smartphone in die Nähe des Türgriffs zu bringen und das Fahrzeug öffnet. Um den Motor starten zu können, muss das Smartphone in der dafür vorgesehenen Box in der Mittelkonsole abgelegt werden. Bei Bedarf kann der sogenannte „Mobile Schlüssel“ an Familienangehörige oder Freunde versendet werden.
In punkto Digitalisierung und Konnektivität hat sich einiges getan, die Platzverhältnisse bleiben dagegen unverändert. Du bringst im Golf 8 fünf Großgewachsene bequem unter, der Kofferraum fasst 380 Liter und lässt sich bei Bedarf durch umlegen der asymmetrisch teilbaren Rücksitzlehne auf bis zu 1.237 Liter erweitern.
Die Car2X-Kommunikation
Mit Car2X ist es VW erstmals möglich verkehrsrelevante Informationen mit anderen Fahrzeugen auszutauschen. Das System bezieht die Verkehrsinfrastruktur im Umfeld von bis zu 800 Metern ein. Dabei ist der Transfer der Informationen zwischen Autos aller Marken möglich, da es sich über herstellerübergreifende Standards handelt. Car2X warnt Dich und informiert über lokale Gefahrenstellen, wie Unfälle, Stauenden, Gefahrenbremsungen, Baustellen und Einsatz- oder Pannenfahrzeuge.
Hinter dem „elektronischen Bremslicht“ verbirgt sich eine weitere Innovation die anderen Verkehrsteilnehmern erlaubt, früher zu reagieren. Denn bremst ein weit vor mir fahrendes Auto sehr stark ab, wird automatisch das Bremslicht der Folgefahrzeuge aktiviert.
Mit dem neuen Travel Assist ist der achten Generation Golf das assistierte Fahren bis Tempo 210 möglich. Als Fahrer musst Du aus rechtlichen und sicherheitsrelevanten Gründen eine Hand am Lenkrad lassen bzw. dieses berühren. Ist dies nicht der Fall, löst das Fahrzeug eine optische und akustische Warnung aus und weißt Dich durch einen Bremsruck darauf hin. Bleibt eine Reaktion aus, tritt der Notfallassistent in Kraft und bringt den VW Golf 8 selbstständig zum Stehen.
Im neusten Modell weiß das ACC mit einer vorausschauenden Geschwindigkeitserkennung aufzuwarten. Der VW Golf reduziert die Geschwindigkeit vor Kurven, Kreisverkehren, Kreuzungen, Tempolimits und Ortschaften. In der höchsten Ausstattung wird das System um einen Stauendeassistenten ergänzt.
Das Umfeldbeobachtungssystem „Front Assist“ mit City-Notbremsfunktion bietet im neuen Modell weitere Funktionsumfänge und erkennt Radfahrer, verfügt über eine Ausweichunterstützung und einen Abbiegeassistenten. Sollte Dir beim Linksabbiegen auf der zu kreuzenden Fahrbahn ein Fahrzeug entgegenkommen, warnt Dich der Abbiegeassistent akustisch und optisch, er bremst den Golf automatisch bis zum Stillstand ab.
IQ.LIGHT – Und es werde Licht
Für den Golf haben die Wolfsburger gleich drei unterschiedliche LED-Scheinwerfer-Versionen im Angebot. Wer sich das Topmodell gönnt, kommt in den Genuss der IQ.LIGHT – LED-Matrixscheinwerfer. Besonders lichtstark sind u.a. die wischende Blinkfunktion, das Schlechtwetterlicht oder die integrierte Schilderentblendung.
Das Thema Licht betreffend, umfasst die Kaufberatung noch weitere Raffinessen, u.a. ist der VW Golf erstmals mit dem Exterieur-Ambientelicht versehen (ausstattungsabhängig). Wenn gewünscht, ist eine animierte „Coming-/ und Leaving-Home“-Funktion enthalten.
Das Ausstattungsspektrum
Mit den Linien „Golf“, „Life“, „Style“ und „R-Line“ sind online im EU Neuwagen Konfigurator neue Ausstattungen aufgeführt, alte Namen wurden abgelegt und serienmäßige Umfänge erweitert.
Die Basis weiß mit Car2X, den digitalen Instrumenten, den mobilen Online-Dienste und-Funktionen und einigem mehr zu punkten.
Standen Dir beim Vorgänger verschiedene „R-Line“-Pakete zur Wahl, stellt VW dem neuen Golf eine reine und betont sportliche „R-Line“-Ausstattung zur Seite. Neben diversen spezifischen Designelementen innen wie außen, sind hier auch Sportsitze mit integrierten Kopfstützen, ein Sportfahrwerk und die Progressivlenkung verbaut.
Der im Fahrbericht aufgeführte Mild-Hybrid mit 150 PS Motor und 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe ist in der Ausstattungslinie Style als Neuwagen beispielsweise ab 24.580 Euro gelistet.
EU Neufahrzeuge kannst Du ganz nach Deinen Wünschen konfigurieren, Unterschiede in Qualität, Verarbeitung und Technik sind nicht auszumachen. Dies gilt auch für die Garantie- und Serviceansprüche.
Sich Extras nachträglich gönnen
Mit der Möglichkeit Features nachträglich aktivieren zu können, hat Volkswagen ein wahres Novum zu bieten. Unabhängig von der von Dir gewählten Ausstattung kannst Du beispielsweise die automatische Distanzkontrolle, die Navigation oder die Sprachbedienung zu einem späteren Zeitpunkt freischalten.
Stand: September 2020; Text: Lexi Lind